Unter Blinden ist der Einäugige König: Guardians of the Galaxy

‚Guardians of the Galaxy‘ (GotG) heißt also der neue Marvel Film. Aufgrund eines glücklichen Zufalls konnte ich einen Platz in der von Pro7 gehosteten Übertragung der Europapremiere ergattern. Hier der Teaser, folgend meine Gedanken zum Film.

Eines vorweg. Ich habe vermutlich nicht einen einzigen Marvel oder DC Comic gelesen, weder GoTG noch irgend einen anderen. Klar, als Kind ist man dann mit den Zeichentrickserien von Batman und Spiderman in Kontakt gekommen, aber auch das in meinem Fall nur mit Widerwillen der Eltern. Zudem habe ich die meiste die Zeit die mir zur popkulturellen Prägung blieb bereits mit dem Verschlingen jeglicher Lektüre auf der das ‚Star Wars‘ Logo prangte verbracht. Ich habe also keinerlei Vergangenheit mit der Marterie.

Die gängigen Superheldenverfilmungen mussten es also aus eigener Kraft schaffen mich zu begeistern. Dies hat in den wenigsten Fällen wirklich funktioniert. An Sam Raimis ‚Spiderman‘ verlor ich ebenso schnell das Interesse wie an Ang Lees ‚Hulk‘. Lediglich ‚Iron Man‘ konnte mich mit seinem ersten Teil begeistern, der perfekt gecastete Robert Downey Jr. hinterließ einen tieferen Eindruck im ansonsten eher flachen Superheldeneinheitsbrei. Vom viel gelobten ‚Avengers‘ ist ein solcher Eindruck bei mir leider nicht hängengeblieben, verliert sich dieser doch in zu vielen Erzählsträngen und verkommt zum selbstreferentiellen Fangewichse.

Mit welcher Erwartung bin ich also nun in ‚Guardians of the Galaxy‘ gegangen? Mit keiner sonderlich großen zumindest. Ich kannte den ersten Trailer flüchtig, lediglich der Regisseur war mir durch Filme wie „Slither“ und „Tromeo & Julia“ bekannt.

Aber worum geht es nun eigentlich? Nun, da sind wir schon bei meinem Hauptkritikpunkt gegenüber GoTG. Ich habe es zu Beginn einfach nicht verstanden. Der Film beginnt auf der Erde mit einem kleinen Jungen dessen Mutter auf dem Sterbebett liegt, diese verstirbt der Junge rennt aus dem Krankenhaus und wird prompt von einem Raumschiff entführt. Schnitt. Der Junge ist nun erwachsen und scheint zu einer Art Indiana Jones des Weltalls geworden zu sein. In bester Indy-Manier wird ein Tempel geleert, eine Runde Metallkugel von ihrem Podest befreit und der Held konsequenterweise mit einem Haufen Schergen eines Mächtigen Gegners konfrontiert. Diesen entkommen flieht der Held, der sich mittlerweile als Star-Lord vorgestellt hat, ins All.

Soweit so gut, nun Folgen jedoch einige kurze Sequenzen in denen die weitere Rahmenhandlung eingeführt wird. An dieser Stelle bin ich gedanklich ausgestiegen. Der Zuschauer wird mir abstrusesten Namen und Orten ähnlicher Couleur beworfen und die intergalaktischen Konfliktparteien werden eingeführt. Hier hätte der Film vermutlich gut daran getan sich etwas von den Vorlagen zu entfernen und es beispielsweise vorerst bei einem Antagonisten belassen.

Was nun folgt ist das erste Aufeinandertreffen der Protagonisten, die sich im Laufe des Filmes zu den „Guardians of the Galaxy“ formieren werden. Wenn man es so nimmt, eine Origin Story also. Zur Gruppe gesellen sich neben ‚Star-Lord‘ noch eine grüne Assassinin, ein waffenverrückter Waschbär, ein grauer Muskelprotz und Groot, eine Mischung aus Baum und Hodor.

Von dort an verläuft der Film in weitestgehend in geordneten Bahnen und zeigt etwas das schon lange nicht mehr von Erfolg auf der Kinoleinwand gekrönt wurde. Eine beinahe klassische Space-Opera. Das Setting erinnert ein wenig an Serenity/Firefly, ein Raumschiff bemannt mit raubeinigen aber herzensguten Outlaws die unter widrigen Umständen eine Allianz formen mussten ziehen aus um Profit zu machen aber schlussendlich die Galaxie zu retten.

Was Guardians of the Galaxy fehlt sind die Momente die im Gedächtnis bleiben. Es bleibt das Gefühl dass man möglichst viel auf einmal Zeigen wollte, dabei hätte es dem Film gut getan an manchen Stellen etwas das Tempo herauszunehmen. Ein gutes Beispiel ist der Besuch in KNOWHERE, einer Minenkolonie die in einem im All treibenden Kadaver eines Gottähnlichen wesens angesiedelt ist. Das Setting und wunderbare Setdesign (der hier ansässige Collector erinnerte mich persönlich an „Lexx – The Dark Zone“) würden hier Platz für Story- und Charakterentwicklung lassen. Stattdessen verkommt die sich entwickelnde Kneipenschlägerei zu einem unnötigen CGI-Feuerwerk. Lange vorbei sind die Zeiten in denen eine Cantina-Auseinandersetzung mit einem kurzen Streich eines Lichtschwertes erledigt waren.

Zugestehen muss man dem Film seinen Humor, der aus einer gesunden Mischung aus Slapstick und Witz besteht, sowie den Mut Abenteuer in weit entfernten Galaxien zu zeigen in Zeiten in denen Filme wie John Carter 100erte Millionen Dollar an die Wand gefahren haben. Die wenig vertieften Setpieces hinterließen bei mir oftmals ein Gefühl von „hey wartet mal, darüber würde ich gerne mehr erfahren“. Die Gruppe der Guardians hebt sich angenehmerweise leicht vom klischeebeladenen schwarz-weiss gezeichneten Superheldenklische ab und formiert sich aus mehr oder weniger gebrochenen Charakteren. Leider bleibt dem Film zwischen all seiner Action nicht viel Zeit die Figuren und ihre Konstellation fein zu zeichnen. So wirken die obligatorische Romanze, sowie Auseinandersetzungen in der Gruppe doch recht gezwungen.

Ich war gegen Ende des Filmes gut unterhalten. Nach etwa 100 Minuten konnte ich dann auch die Namen den Planeten, Fraktionen und Bösewichten weitestgehend zuordnen. Einen Tag später jedoch fällt es mir bereits schwer diese wieder hervorzurufen.

Guardians of the Galaxy ist ein guter Anfang dem es noch an bleibenden Erinnerungen fehlt. Ein solider Sommerblockbuster, familientaugliches Popcornkino das zu unterhalten weiß ohne dabei etwas neu zu erfinden. Gerade im Gegenteil liegen die Stärken von GoTG vielleicht gerade an den Stellen, wie z.B. dem Anfang,  an denen er sich auf das zurückbesinnt was High-Concept Abenteuerkino vor vielen Jahren einmal war. Im Kontext der restlichen Sommerblockbuster sticht Guardians schon fast durch Originalität hervor, bleibt für mich jedoch deutlich hinter einem Film wie ‚Edge of Tomorrow‚ mit dem er sich in diesem Kinojahr auch messen lassen muss zurück.

Der, nach James Bond Manier „The Guardians of Galaxy will return“ bereits angekündigte zweite Teil, hat nun die Chance das besser zu machen. Wenn die Story sich so entwickelt wie das Ende des ersten Teils bereits vermuten lässt stehen die Chancen gut dass der zweite Film an manchen meiner Kritikpunkte ansetzt und sich wieder mehr auf die Charaktere besinnt. Am besten würde es dem Film vermutlich stehen wenn er sich für die weitere Handlung weiter vom Marvel-Film-Universum trennen würde.

‚Guardians of the Galaxy‘ and its Trademarks belong to Marvel Entertainment LLC.

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